| 27. April 2022

Einsatz von Recyclingbeton im Infrastrukturbau

Philip Bürgisser, Tiefbauamt

Bauabfälle bilden jedes Jahr den grössten Abfallberg in der Schweiz. Der Einsatz von Recyclingbeton im Infrastrukturbereich ist deshalb ein wichtiger Beitrag für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft. Der Kanton Basel-Landschaft hat erstmals Beton mit bis zu 95 Prozent Recyclinganteil im Tiefbau eingesetzt. Angewendet wurde zudem neueste CO2-Speichertechnologie, um den CO2-Fussabdruck weiter zu senken.

Bauabfälle und Bauschutt bilden mit rund 75 Millionen Tonnen jährlich den grössten Abfallanteil in der Schweiz. Der Rückbau von Bauwerken, die das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben, nimmt künftig weiter zu. Gleichzeitig nimmt der verfügbare Deponieraum ab. Deshalb fordert der Gesetzgeber die Recyclierbarkeit im Bau. Der Einsatz von Recyclingbeton im Infrastrukturbereich ist ein weiteres wichtiges Puzzleteil für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft.

Im Infrastrukturbereich bestehen sehr hohe Qualitätsanforderungen an den Beton. Tiefbauobjekte wie Stützmauern, Brücken etc. müssen im Kanton Basel-Landschaft eine Nutzungsdauer von rund 100 Jahren und mehr erreichen. Insbesondere im Aussenbereich ist Beton zahlreichen Angriffen ausgesetzt. Tausalze beispielsweise führen zu Schäden und verkürzen die Lebenszyklen der Bauwerke. Ein etwas weniger bekanntes Phänomen stellt AAR (Betonkrebs) dar. Dabei wird der Beton durch ein ungünstiges Mengenverhältnis von Kies, Zement und Wasser von innen heraus zerstört. Ist ein Betonbauwerk befallen, dürfen nach seinem Abbruch die Baustoffe im Infrastrukturbau nicht wiederverwendet werden. Beim Einsatz von Recycling-Betongranulat (sekundärer Rohstoff) muss diese AAR-Beständigkeit jeweils spezifisch nachgewiesen werden.

Rückbauobjekt in Reigoldswil zur Gewinnung des RC-Betongranulats für die Pilotstützmauer aus RC-Beton (Quelle: TBA)

Erfahrungen sammeln mit Pilot-Anwendungen
Das Tiefbauamt hat in einem Pilotprojekt 2021 in Grellingen eine Stützmauer aus 35m3 Beton mit dem technisch höchstmöglichen Recyclinganteil und mit modernster CO2-Speichertechnologie erstellt. Als Materialquelle diente eine Stützmauer aus dem Jahr 1960, die infolge einer Strassen- und Bachkorrektion abgebrochen werden musste. Die Zusammensetzung der Stützmauer wurden von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) getestet und für geeignet befunden. Das Material wurde nach Muttenz transportiert, zerkleinert, gesiebt und für das Projekt gelagert. Der gewonnene Recycling-Beton-Kies wurde mit einer von der Zirkulit AG entwickelten CO2-Speichertechnologie behandelt, da Kies aus Betonabbruch das Potential hat, CO2 einzubauen.

Anlieferung des RC-Beton auf der Baustelle für die  Pilotstützmauer an der Nunnigerstrasse in Grellingen (Quelle: TBA)

Der speziell für diese Stützmauer entwickelte Beton überzeugt durch seinen hohen Sekundärrohstoffanteil im Kies von bis zu 95 Prozent. Mit der CO2-Speichertechnologie konnten im verbauten Beton 477 Kilogramm CO2 kompensiert werden, dies entspricht einer Auto-Fahrleistung von 2500 km mit einem Verbrauch von 6l/100 km. Zudem wurde mit einem CO2-armen Zement gearbeitet. Die bis jetzt vorliegenden Prüfergebnisse der Empa, die das Pilotprojekt wissenschaftlich begleitet und systematisch Proben auswertet, sind vielversprechend.

Analysieren und Planen
Neue Bauwerke sollen künftig von Beginn weg mit Blick auf den gesamten Lebenszyklus geplant werden. Die bestehenden Bauwerke wiederum, die das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben, sollen künftig gezielt auf die Wiederverwertbarkeit der Baustoffe analysiert werden. So können bereits in der Planungsphase technisch machbare, ökonomische vertretbare und ökologisch sinnhafte Verwertungskonzepte entwickelt werden. Im Tiefbauamt Basel-Landschaft werden deshalb in Zukunft optimierte Materialflüsse ein zentrales Thema sein.