Die letzte Hürde für den Hochwasserschutz in Laufen ist übersprungen
Die Überschwemmungen von 2007 hatten im Laufner «Stedtli» und in allen birsnahen Quartieren der Siedlung massive Schäden ausgelöst. Nach einer aufwändigen Planungs- und Bewilligungszeit sind die Massnahmen für den Hochwasserschutz im Bezirkshauptort nun reif zur Realisierung. Die Ausgabenbewilligung ist seit Januar 2022 rechtskräftig.
Um die spezielle Hochwassersituation in Laufen zu verstehen, lohnt sich ein Blick in die Geschichtsbücher. Die Altstadt ist auf Schwemmland gebaut, das heisst auf ein Areal, das sich die Birs als Ausdehnungsfläche bei Hochwasser «ausgesucht» hatte. Die Siedlung liegt demzufolge mitten im ursprünglichen Flussbett. Mit dem Bau der Jura–Simplon-Bahn wurde die Birs in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an vielen Stellen begradigt und kanalisiert. Die natürliche Regulierung von Fliessgeschwindigkeit und Wasserspiegel fiel weg, was Laufen beim Jahrhundertereignis von 2007 in eine verheerende Lage brachte.
Engstellen und Hindernisse
Das Fassungsvermögen der Birs ist an vielen Stellen im Laufner Siedlungsgebiet zu klein und die Gefahr einer Stauung durch Treibholz an den Brücken trotz bestehender Schutzbauten zu gross. Diese Defizite wird das kantonale Projekt «Stadt Laufen – Hochwasserschutz Birs» korrigieren. Die Massnahmen erstrecken sich auf 3,5 Kilometer Flusslänge, sind in der betroffenen Gemeinde und auch auf politischer Ebene unbestritten und gehen nun in grossen Schritten der Realisierung entgegen. Sämtliche Einsprachen gegen das Vorhaben liessen sich bis 2021 aussergerichtlich beilegen. Der Landrat hat die Ausgabenbewilligung im November des letzten Jahres erteilt.
Mit einem Budget von 62 Millionen Franken – aufgeteilt auf Projektierung, Landerwerb, Realisierung und Mehrwertsteuer – handelt es sich momentan um eines der grössten Infrastrukturprojekte auf dem Kantonsgebiet. Knapp 33 Millionen Franken gehen zu Lasten der Kantonskasse. Die weiteren Kosten entfallen auf den Bund mit gut 18 Millionen Franken, auf die Stadt Laufen (u.a. für die Norimatt- und die Wasserfallbrücke) sowie auf die weiteren Werkeigentümer und Anstösser.
Schutz vor einem 100-jährlichen Hochwasser
Aufgabe des kantonalen Hochwasserschutzes ist es, das Siedlungsgebiet gegen ein Jahrhundert-Hochwasserereignis aus einem Fliessgewässer abzusichern. Für die Birs in Laufen entspricht dies einem Volumen von etwa 335 Kubikmetern beziehungsweise 335'000 Litern Wasser pro Sekunde. Aktuell ist mit Überschwemmungen etwa alle 30 Jahre zu rechnen, gleichbedeutend mit einem Durchfluss von knapp 265 Kubikmetern pro Sekunde. Zum Vergleich: Als Normalwasser führt die Birs in Laufen nur etwa 11 bis 15 Kubikmeter Wasser pro Sekunde.
Um mehr als das Zwanzigfache dieser Menge bewältigen zu können, wurde eine Vielzahl an Massnahmen in und an der Birs definiert. Sie alle dienen dem Ziel, das Wasser vollständig und sicher im Flussbett durch die Siedlung hindurchzuleiten. Andere Optionen – wie das Ausscheiden von Überschwemmungs- und Stauflächen (Retentionsflächen) oder der Bau von unterirdischen Entlastungsstollen – haben sich in einer sehr frühen Phase der Projektierung als nicht machbar erwiesen.
Vollständige Durchleitung des Wassers
Die baulichen Massnahmen zur Durchleitung erhöhen die Kapazität der Birs und drosseln ihre Fliessgeschwindigkeit. Dies erfolgt auf vielfältige Art und Weise: durch das Vertiefen des Flussbetts (Eintiefung), durch ein Verbreitern der Birs (Aufweitung) und/oder das Erhöhen der Ufer.
Die grössten optischen Veränderungen des Flussraums ergeben sich unterhalb des «Stedtli» im Nau-Quartier und in der Norimatt, wo die Birs stark aufgeweitet wird.
Vorher: Im Projektabschnitt Nau / Norimatt finden die offensichtlichsten Eingriffe statt, die den Charakter der Birs in diesem Streckenabschnitt völlig verändern (Quelle: TBA).

Nachher: Der Querschnitt des Flussbetts verbreitert sich in dieser S-Kurve um bis zu 30 Meter. Durch diese Massnahme sinkt der Wasserspiegel eines Jahrhunderthochwassers um bis zu einem Meter. Auf Ufermauern kann deshalb zu Gunsten des Ortsbilds der Altstadt weitestgehend verzichtet werden. Diese Aufweitung lässt eine vielfältige Fluss- und Uferstruktur entstehen. Die neue Brücke soll nicht wie im Bild dargestellt, sondern flussabwärts östlich der Eishalle errichtet werden. (Quelle: TBA).
Bei der Birsmill, auf Höhe der Einmündung der Lützel, wird eine Eintiefung der Sohle (Absenkung) um maximal 0,5 Meter vorgenommen, kombiniert mit einer Verbreiterung um bis zu acht Meter. Zwischen Birsmill und Wasserfall geht es in erster Linie um flankierende Massnahmen wie Schutzmauern und -dämme. Um die Längsvernetzung für die Fische zu verbessern, werden die Schwellen in der Lützel und der Birs durch fischgängige Blocksteinrampen ersetzt. Nicht zuletzt ist dies ein Beleg dafür, dass der Hochwasserschutz Laufen neben wirtschaftlichen und gesellschaftlichen auch ökologische Aspekte berücksichtigt.
Als weitere Schritte braucht es Neu- und Umbauten an allen vier Brücken und Passerellen über die Birs – die Erneuerung von Werksleitungen eingeschlossen. Einzelne bauliche Eingriffe betreffen auch die Seitenbäche.
Zwischenschritte
Ein kleiner Projektteil ist längst realisiert: 2018 konnte das Ziegelschürbächli ausgedolt, verlegt, hochwasserertüchtigt und revitalisiert werden. Seine Schutzwirkung musste es noch nicht unter Beweis stellen – fürs Auge haben die Veränderungen aber auf alle Fälle einen Mehrwert erzielt.
Seit 2020 ist das gesamte Spilag-Areal im Norimatt-Quartier im Besitz des Kantons, der es für die Aufweitung der Birs, aber auch als Installationsplatz und Bauzentrale nutzen wird. Die drei Wohnhäuser, die seit dem Hochwasser von 2007 unbewohnbar waren, sind im Dezember 2020 abgerissen worden. Als Zwischennutzung ist in das ehemalige Firmengebäude im Herbst 2021 ein Kleider-Outlet eingezogen.
Aktueller Projektstand – Realisierung und Bauzeit
Im Februar 2022 wurden die Ingenieurleistungen ausgeschrieben, um mit der Ausführungsplanung beginnen zu können. Ein wichtiger Punkt der konkreten Bauplanung ist der Baustoffkreislauf: Der Aushub der Flussaufweitungen vor Ort soll wiederverwendet werden können. Die Umsetzung dürfte in der ersten Hälfte 2024 beginnen.
Weitere Informationen zum Projekt sind auf der Webseite des Kantons Basel-Landschaft abrufbar.
Nau-Brücke Laufen: Kanton und Stadt bekennen sich zu Verlegung
Im Zusammenhang mit dem kantonalen Hochwasserschutzprojekt Laufen muss die Nau-Brücke ersetzt werden. Aufgrund ursprünglich nicht zu erwartender Umstände hat sich dabei eine vollständig neue Ausgangslage ergeben. Deshalb hat der Kanton Basel-Landschaft im vergangenen Jahr Optionen für eine Verlegung der Nau-Brücke geprüft. Die Überprüfung zeigte, dass eine Verlegung der Brücke flussabwärts östlich der Eishalle viele Vorteile bietet. So kann neu eine verkehrsberuhigte und zusammenhängende Fläche entstehen. Für die Bevölkerung von Laufen wird so ein attraktiver und zentral gelegener Freiraum für Naherholung, Freizeit- und Sportnutzungen geschaffen. Im räumlichen Entwicklungskonzept der Stadt Laufen ist diese Fläche als Birspark und Mehrzweckplatz enthalten.
Die Stadt Laufen stand über den gesamten Prozess hinweg im Austausch mit dem Kanton und hat sich nun für die Weiterverfolgung einer Verlegung der Nau-Brücke an den neuen Standort ausgesprochen. In der nächsten Phase wird unter der Federführung des Kantons ein detailliertes Vorprojekt ausgearbeitet. Parallel dazu soll ein Dialogprozess mit den Direktbetroffenen erfolgen.