| 16. Dezember 2019

Organisationsprojekt Erdbebensicherheit

Isabell Palkowitsch, Hochbauamt

Der Risikobericht des Bundesamts für Bevölkerungsschutz (BABS) aus dem Jahr 2015 zeigt es deutlich: Nach Stromengpässen und Pandemien stellen Erdbeben für die Schweiz das drittgrösste Risiko dar – bezogen auf Naturgefahren bilden sie gar das grösste. Erdbeben lassen sich bisher weder verlässlich vorhersagen noch verhindern. Deshalb hat das Hochbauamt (HBA) im Jahr 2018 das Organisationsprojekt Erdbeben-sicherheit kantonaler Liegenschaften gestartet. Ziel –der ersten Etappe war es, das Erdbebenrisiko des Liegenschaftsportfolios effizient und risikobasiert zu erfassen.

Organisationsprojekt Erdbebensicherheit 
Das Hochbauamt des Kantons Basel-Landschaft (HBA) besitzt im Verwaltungs- und Finanzvermögen knapp 700 Objekte mit unterschiedlichen Nutzungen wie beispielsweise Verwaltungsbauten, Schulen, Betriebsgebäude, Lagerhallen oder Garagen. Bei Umbauten, Sanierungen und grösseren Investitionen überprüft das HBA konsequent die Erdbebensicherheit und setzt, falls notwendig, entsprechende Massnahmen um. Eine systematische Erhebung und Untersuchung des gesamten kantonalen Liegenschaftsportfolios erfolgte bisher nicht. Angesichts des Risikoberichts des BABS und der besonders hohen Erdbebengefahr in der Region Basel wurde Anfang 2018 das Organisationsprojekt Erdbebensicherheit kantonaler Liegenschaften gestartet. Mit diesem Projekt wird das Erdbebenrisiko des Liegenschaftsportfolios effizient und risikobasiert erfasst. 

Warum erst jetzt? 
Vor dem Hintergrund der hohen Erdbebengefährdung in der Schweiz und insbesondere in der Nordwestschweiz mag man sich die Frage stellen, weshalb die Gebäude nicht generell nach entsprechenden Vorgaben gebaut werden. Der Grund ist, dass bis ins Jahr 1989 der Ereignisfall Erdbeben in der SIA-Norm nicht vorgesehen war. 2003 wurden die Normen für Neubauten verschärft und erst seit 2017 gibt es die SIA 269/8 für die Überprüfung von Bestandsbauten auf den Ereignisfall Erdbeben.  Da 90 Prozent des Gebäudebestandes in der Schweiz bereits vor 1989 erstellt wurde, gibt es für bestehende Gebäude keine sichere Aussage zu ihrem Verhalten bei einem Erdbeben. 

Methodik der Risikobeurteilung 
Für die Erdbebenüberprüfung von grösseren Gebäudebeständen empfiehlt das Bundesamt für Umwelt (BAFU) ein mehrstufiges Inventarverfahren: In einer Vorselektion/Stufe 0 wird eine Triage vorgenommen, um Aussagen zu den Prioritäten über das gesamte Portfolio zu erhalten und Objekte zu identifizieren, bei denen hoher Handlungsbedarf besteht. In der Stufe 1 wird anhand einer einfachen Checkliste das Erdbebenrisiko grob eingeschätzt. Auf Basis von definierten Kennzahlen zu Schadensausmass und Einsturzwahrscheinlichkeit werden die einzel-nen Gebäude Prioritätenklassen zugeordnet. Dadurch entsteht ein Inventar, welches das relative Erdbebenrisiko zwischen den einzelnen Gebäuden aufzeigt. Auf Stufe 2 erfolgt eine de-taillierte Überprüfung der Erdbebensicherheit. Basierend darauf können allenfalls Massnahmenempfehlungen ausgearbeitet werden. 

Horizontale Aussteifung des Bodens zur Erhöhung der Erdbebensicherheit in der denkmalgeschützten Villa Ehinger in Münchenstein (Quelle: HBA).

Das HBA hat die vorgeschlagene Methodik des BAFU übernommen und die Stufen 0 und Stufe 1 Ende 2018 abgeschlossen. Das bedeutet, dass alle Objekte im Portfolio nach Schadensausmass bewertet und einer Priorität zugeteilt wurden. Zudem wurde für die kommenden Erdbebenüberprüfungen der Objekte (Stufe 2) ein Leitfaden entwickelt, der das Vorgehen sowie die Qualität der Leistungen regelt, und eine einheitliche Dokumentation sicherstellt.

Mit der Risikobewertung des Portfolios wurde die Grundlage zum Thema Erdbebensicherheit gelegt, auf den die weiteren Schritte geplant und umgesetzt werden können. Nun werden die Erdbebenüberprüfungen bei den Objekten gemäss ihren Prioritäten erfolgen und, falls notwendig, Massnahmen umgesetzt.

Erdbeben können auch durch menschliche Einwirkung ausgelöst werden, so wie beispiels-weise zum Jahreswechsel 2006/2007 durch das Erdwärmegewinnungsprojekt Deep Heat Mining Basel (Geothermie). Die stärksten Beben hatten damals eine maximale Magnitude (Mass für die Stärke von Erdbeben) von 3,4. Es gab rund 2’300 Meldungen von Haushaltun-gen in der Schweiz, Deutschland und Frankreich zu leichteren Schäden an Gebäuden.

Die Region Basel liegt nach dem Wallis in der zweithöchsten Gefährdungsstufe für Erdbeben in der Schweiz. 1356 ereignete sich in Basel das stärkste historische Erdbeben in Mitteleuropa mit einer geschätzten Magnitude von 6,5 bis 7,1. Es gab Schäden an Gebäuden, Kirchen und Burgen bis in einem Umkreis von 50 Kilometern. Durch das Beben ausgelöste Brände verursachten weitere Schäden und es gab zahlreiche Tote.