| 16. August 2023

Blick zurück: Was die BUD vor 25 Jahren bewegte

Catia Allemann, Redaktion BUZ

Die erste Ausgabe der Bau- und Umweltzeitung (BUZ) ist im Jahr 1996 erschienen. Seither sind 27 Jahre vergangen und das Magazin wird nach wie vor gerne gelesen. Die BUZ-Redaktion blickt in einer neuen Rubrik zurück in die Vergangenheit und berichtet über ausgewählte Themen aus früheren Ausgaben. Reisen Sie mit uns eine Generation zurück, in längst vergangene Zeiten der BUD.

BUZ Nr. 10 / Mai 1998 
Die BUZ berichtet umfangreich über den Belchentunnel – ein Berg steht unter Druck. Nach rund dreissigjähriger Betriebszeit musste der Belchentunnel einer Gesamterneuerung unterzogen werden. Ein Ingenieur- und Expertenteam hat im Auftrag der Kantone Basel-Landschaft und Solothurn verschiedene Varianten untersucht. Der Bericht in der BUZ befasste sich mit den Resultaten der Instandsetzungskampagne. Der rund 3,2 km lange Tunnel liegt im stark quellfähigen Gipskeuper, ein Gemisch aus Ton und Mergel mit Calciumsulfat. Dieser verändert sich bei Wasserzutritt chemisch und das Gestein nimmt um bis zu 60 Prozent an Volumen zu. Das verursacht einen gewaltigen Druck, wodurch sich der Beton des Tunnelgewölbes verformen und es zu Abplatzungen und Rissen in der Tragkonstruktion kommen kann.

Kommt eine dritte Tunnelröhre?
Im Bericht von 1998 wurde eine dritte Tunnelröhre als Alternative zur Stauverhinderung während der Sanierung thematisiert. Eine Studie verglich auf eine Zeitdauer von rund 50 Jahren die beiden Varianten «Instandsetzung mit Sperrung und Gegenverkehr» und «Indstandsetzung mit Sperrung und dritter Tunnelröhre». Das Fazit war, dass aufgrund der hohen Anfangsinvestitionen zum damaligen Zeitpunkt eine dritte Röhre nicht rentabel sei. Allerdings folgerte die Studie, dass vor der übernächsten Sanierung der Bau einer Zusatzröhre allenfalls volkswirtschaftlich interessant sein könnte. Die dritte Röhre war also noch nicht vom Tisch.

Der Bericht befasste sich auch mit der Frage, wie der anhaltenden Zunahme des Quelldrucks auf die Tunnelkonstruktion Einhalt geboten werden könnte. Dafür wurden zahlreiche Varianten geprüft. Eine davon war, dass mit Drainagebohrungen aus einem unter dem Tunnel liegenden Stollen das Wasser abgeleitet wird, um die chemische Umwandlung im Gipskeuper zu verzögern oder gar zu stoppen. Weltweit gab es zu einem solchen Drainagekonzept noch keine Erfahrungswerte. Deshalb sollte es erstmals in einem Versuch untersucht werden. Damals ging man von einer Beobachtungsdauer von fünf bis zehn Jahren aus. Danach wollte man entscheiden, ob das Verfahren weiterverfolgt wird. Im Herbst 1998 sollte mit dem Versuchsdrainagestollen begonnen werden. Die eigentlichen Instandsetzungsarbeiten des Tunnels wurden auf frühestens Herbst 1999 – eher aber aufs Jahr 2000 angesetzt.

Was nach der Berichterstattung in der BUZ geschah

Der 370 Meter lange Versuchs-Drainagestollen wurde 2000 in Betrieb genommen. Er sollte zeigen, ob der Gipskeuper, der bei Kontakt mit Wasser quillt und den Tunnel zunehmend beschädigt, zu Ruhe kommen kann. Der Versuch scheiterte. Mit dem Drainagestollen konnte kaum Wasser aus dem umliegenden Gestein drainiert werden; er blieb weitgehend trocken und das Gestein quoll weiter. Die Belchenkommission befand im Jahr 2007: Ein Drainage-Stollen rettet den maroden A2-Belchentunnel nicht: dies habe ein mehrjähriger Versuch gezeigt. Die Belchenkommission empfiehlt darum nun offiziell den Bau der dritten Röhre alias «Sanierungstunnel».

In den Jahren 2001 und 2002 wurden die beiden bestehenden Belchenröhren umfassend saniert. Der Verkehr wurde jeweils einspurig für rund 10 Monate durch eine Röhre geführt. Dabei handelte es sich um eine «Zwischensanierung» mit Erneuerung / Ersatz der elektromechanischen Installationen wie Beleuchtung oder Überwachungseinrichtungen sowie baulichen Massnahmen wie Ersatz der Werkleitungen. Das Tunnelgewölbe wurde nur an den stark beschädigten Stellen ersetzt. Ziel war es, die zwei Tunnelröhren fit für die nächsten 25 Jahre zu machen, bis zur grossen Sanierung.

1999 kam es im Mont-Blanc-Tunnel und im Tauerntunnel sowie 2001 im Gotthardtunnel zu drei schweren Unfällen mit Grossbränden und jeweils mehr als 10 Todesopfern. Im Rahmen der Sanierung des Belchentunnels 2001 / 2002 und in den darauffolgenden Jahren wurden deshalb verschiedene Massnahmen ergriffen, um die Tunnelsicherheit zu verbessern wie die Beschilderung der Fluchtausgänge, Schliessen der Querschläge mit Brandschutztoren etc. Die Anpassung und Erneuerung des Lüftungskonzepts konnte erst in den Jahren nach der Sanierung erfolgen. Die Erkenntnisse und Lehren aus den Tunnelunfällen lagen 2001 / 2002 noch nicht konsolidiert vor.

2003 genehmigten die Kantonsparlamente der beiden Kantone Basel-Landschaft und Solothurn das Projekt des Sanierungstunnels Belchen. Seit 2008 ist der Bund (ASTRA) alleiniger Eigentümer und Bauherr der Nationalstrassen (vorher im Verbund mit den Kantonen). Im Februar 2016 wurde beim Südportal des Belchentunnels mit dem Bau der 500 Millionen Franken teuren Sanierungsröhre bzw. dritten Röhre gestartet.

Am 21. Juni 2017 wurde der Durchstich des Sanierungstunnels Belchen gefeiert (Quelle: BUD)

Regierungsrat Isaac Reber an der Eröffnung des Sanierungstunnels Belchen im Juli 2022 (Quelle: ASTRA)