| 15. August 2022

Einfluss der Covid-19-Pandemie auf das Verkehrsaufkommen

Felix Seiler, Tiefbauamt

Das Tiefbauamt erfasst den Strassenverkehr auf dem kantonalen Strassennetz mit automatischen Zählgeräten an 27 Stellen (permanent) und alle fünf Jahre respektive bei Bedarf an rund 120 weiteren Orten (temporär). Für Prognosen und Verkehrsprojekte werden momentan auf die letzten verlässlichen Erhebungen aus dem Jahr 2019 und Vorjahre zurückgegriffen. Die Jahre 2020-2022 bieten wegen der Covid-19-Pandemie keine zuverlässigen Werte.

Verlässliche und möglichst allgemeingültige Verkehrszahlen sind unerlässlich für die Steuerung von Verkehrsanlagen und auch für die Überprüfung von Vorhersagen für das zukünftige Verkehrsaufkommen. Da bereits die Wochentage grosse Unterschiede für das Verkehrsaufkommen an ein und demselben Ort aufweisen und der Verkehr an den Wochenenden sehr stark vom Wetter und Freizeitangebot abhängig ist, wird meist der durchschnittliche Werktagsverkehr (DWV) von Montag bis Freitag verwendet. 

Für Infrastrukturprojekte wird in der Regel bei Projektbeginn eine Verkehrserhebung vor Ort durchgeführt. Dabei sollten Ereignisse wie zum Beispiel Baustellen, Unfälle, Ferien, Umleitungen, Grossanlässe oder witterungsbedingte Vorfälle möglichst keinen Einfluss auf die Zahlenbasis haben. Damit dies sichergestellt werden kann, werden die erhobenen Verkehrszahlen auf Jahresmittelwerte umgerechnet. Um die zukünftige Entwicklung des Verkehrs besser abschätzen zu können, wird als weitere Grundlage das Gesamtverkehrsmodel (GVM) der Region Basel beigezogen. 

In den nachfolgenden Grafiken wird anhand der Jahresganglinie des durchschnittlichen Wochenverkehrs (DWV) an der Dauerzählstelle Oberwilerstrasse in Binningen der Effekt der Massnahmen gegen die Ausbreitung der Covid-19-Pandemie exemplarisch aufgezeigt. Es gilt zu beachten, dass es sich um effektive Zählwerte handelt, die auch im Einfluss von Baustellen und anderen Störungsfällen stehen können.

In den Grafiken kann neben den pandemischen Effekten auch die verkehrsreduzierende Wirkung der Ferien abgelesen werden. Besonders während den Osterferien im Frühling zeigt sich, dass mit Ausnahme des ersten Shutdowns die Ferien einen grösseren Einfluss auf die Verkehrsmenge des MIV haben als die regulatorischen Massnahmen bzw. die Verhaltensweise der Verkehrsteilnehmenden (z.B. Wahl des Verkehrsmittels) während der Pandemie-Jahre. Sehr ausgeprägt ist dies in KW31 sichtbar, wo 2019 viele die Woche des 1. Augusts mit einem Brückentag zur beliebtesten Ferienwoche machten (im Jahr 2020 fiel der Nationalfeiertag auf einem Samstag und 2021 auf einem Sonntag).

Quelle: TBA

Dass die Corona-Massnahmen zum Teil auch eine verkehrsvermehrende Wirkung bzgl. MIV hatten, zeigt sich in den Sommer- und Herbstferien, wo die Verkehrsmenge wohl wegen den eingeschränkten Reisemöglichkeiten (vermehrt Ferien im Inland bzw. nahen Ausland mit dem Auto) höher als im Jahr vor der Pandemie blieb.

Quelle: TBA

Die Grafiken zeigen das Verkehrsaufkommen am Beispiel der Zählstelle 602 Binningen Oberwilerstrasse und gelten nicht analog für den ganzen Kanton, da auch lokale Einflüsse – wie zum Beispiel nahegelegene Einkaufszentren während den Grenzschliessungen – einen Einfluss auf den Verkehr haben konnten.

Die für das Jahr 2020 vorgesehene Gesamtzählung konnte wegen dem starken Einfluss der Massnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus erst im 2021 durchgeführt werden. Wegen stark abweichenden Wochenfaktoren der Dauerzählstellen konnten jedoch keine brauchbaren DTV-Angaben für das ganze Jahr je Zählstelle hochgerechnet werden. Daher wurden die Zahlen der Gesamtzählung 2021 nicht publiziert.

 Für Prognosen bei Verkehrsprojekten wird momentan auf die letzten, verlässlichen Erhebungen aus dem Jahr 2019 und Vorjahre zurückgegriffen. Wo jedoch die Datenbasis nicht in ausreichender Feinheit vorliegt, werden in der Regel ohnehin separate Verkehrszählungen durchgeführt, damit mit aktuellen Zahlen im benötigten Detaillierungsgrad geplant werden kann. Die fehlenden Jahre 2020-2022 haben folglich eine geringe Relevanz für die Projektierung.

 Das GVM bildet sowohl den heutigen Zustand als auch Szenarien der zukünftigen Entwicklung des Verkehrsgeschehens ab. Die Verkehrserzeugung wird auf Basis von umfangreichen sogenannten Strukturdaten berechnet (z.B. Einwohnende, Beschäftigte, Arbeitsplätze, U-Abo-Besitzquoten, PW-Besitzquoten usw.). Die Berechnungen werden auf der Grundlage von Erhebungen (z.B. Mobilität, Verkehrszählungen MIV, ÖV, Velo usw.) kalibriert, also «richtig eingestellt». Mit diesem «eingestellten» Ist-Zustand können dann Prognosen für zukünftige verkehrliche Entwicklungen gemacht werden. Für die Prognosen werden insbesondere auch die offiziellen Bevölkerungs- und Erwerbstätigenprognosen, gebietsspezifische Siedlungsentwicklungen, Infrastrukturprojekte und gewisse, gesicherte Trends (z.B. E-Bike-Boom) berücksichtigt.

 Die nächsten umfassenden und massgebenden Verkehrszahlen werden im Jahr 2025 in einer erweiterten Erhebung erfasst. Belastbare Aussagen über allfällige anhaltende Veränderungen als Folge der Pandemie sind gegenwärtig noch nicht möglich. Mit den permanenten Zählstellen wird die Verkehrsentwicklung in den nächsten Monaten und Jahren diesbezüglich beobachten und die Erkenntnisse werden in die Weiterentwicklung des GVM Region Basel einfliessen.