| 31. Dezember 2017

Tiefbauamt als kantonale Aufsichtsbehörde für Stauanlagen

Jonas Woermann, Tiefbauamt

Stauanlagen sind von Menschen erschaffene Einrichtungen, um Wasser zu speichern oder aufzustauen. Das Versagen einer solchen Stauanlage kann bei flussabwärts liegenden Gebäuden und bei Menschen, die dort wohnen, enorme Schäden verursachen. Deshalb werden hohe Anforderungen an den Bau und die Kontrolle eines solchen Bauwerks gestellt. In der Schweiz wird dies durch das Bundesgesetz über die Stauanlagen geregelt.

Der Bund hat schon früh ein Gesetz (Stauanlagengesetzgebung) erlassen, das den unkontrollierten Wasseraustritt bei einem Dammbruch aus einer Stauhaltung regelt bzw. vorschreibt, wie dieser verhindert werden soll. Bei der Revision im Jahr 2011 wurde die Umsetzung dieses Gesetzes auf die Ebene Kanton erweitert und die Klassifizierung der Stauanlagen überarbeitet. Der Bund behält die Aufsicht über die grossen Stauanlagen und die Kantone übernehmen neu die Aufsicht über die kleinen Anlagen.

Im Kanton Basel-Landschaft wird diese Aufgabe vom Geschäftsbereich Wasserbau des Tiefbauamtes wahrgenommen. Als grosse Stauanlagen gelten Absperrbauwerke, die höher als 10 Meter sind oder ein Speichervolumen von mehr als 500‘000 m3  haben. Dies entspricht rund 200 olympischen Schwimmbecken (50mx25mx2m). Alle anderen Stauanlagen zählen zu den kleinen Anlage und stehen unter kantonaler Aufsicht. Alle Anlagen unter fünf Meter Stauhöhe und einem Stauvolumen unter 50‘000 m3 sind vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgeschlossen und werden nicht durch die öffentliche Hand beaufsichtigt. Wenn eine Anlage aufgrund der Grössenkriterien dem Gesetz nicht unterstellt ist, die berechnete Flutwelle bei einem unkontrollierten Austritt aber dennoch Mensch oder Sachwerte massiv gefährdet, spricht man von einem besonderen Gefährdungspotenzial. Stauanlagen mit einem besonderen Gefährdungspotenzial müssen ebenfalls unter Aufsicht gestellt werden.

Talsperrenwächter Jonas Woermann und Talsperrenkontrolleur Martin Altermatt vom Tiefbauamt bei der Jahreskontrolle des HWRB „Eimatt“ in Rümlingen. (Quelle: TBA)

Es gibt im Kanton Basel-Landschaft sowohl grosse als auch kleine Stauanlagen. Bei den vielen kleinen und grossen Tümpeln, Teichen oder Weihern im Baselbiet stellt sich aber schnell die Frage, ob von diesen Anlagen wirklich eine Gefahr für weiter flussabwärts wohnende Personen ausgeht. In einem ersten Schritt wurden die 38 grösseren Teiche oder Weiher vermessen und beurteilt. Alle Weiher unter einem Meter Stauhöhe oder Stauvolumen unter 1‘000 m3 wurden als nicht gefährlich eingestuft und nicht weiter beurteilt. Für die verbleibenden 19 Weiher, wie zum Beispiel den Allschwilerweiher oder die Talweiher bei Anwil, wurde eine vertiefte Beurteilung durchgeführt. Dabei wurden die Hochwassersicherheit und die Dammstabilität beurteilt und in die Kategorien gut, genügend und ungenügend eingeteilt.

Mit einem Dammbruchszenario und dem entstehenden Flutwellenabfluss wurde für jeden Weiher das sogenannte besondere Gefährdungspotenzial ermittelt. 17 dieser 19 Anlagen konnten anhand dieser Beurteilungen als nicht gefährlich eingestuft werden und sind somit von der Stauanlagengesetzgebung ausgeschlossen. Einzig bei zwei Weihern des Ermitage Landschaftsgartens (Arlesheim) wurde ein besonderes Gefährdungspotenzial festgestellt. Aus diesem Grund wurden alle drei Weiher der Ermitage als Betriebseinheit als kleine Stauanlage unter die kantonale Aufsicht gestellt.

Landschaftsgarten Ermitage mit seinen drei Weihern. Bei einem Dammbruch des grossen Weihers (ca.15‘000m3) würde die bewohnte Alte Mühle (auch im Bild) von der Flutwelle stark getroffen. (Quelle: TBA)

Neben den Weiheranlagen gibt es im Baselbiet auch Wasserkraft-Flussstauhaltungen am Rhein und an der Birs. Sämtliche Stauhaltungen am Rhein unterstehen der Aufsicht des Bundes, da der Rhein ein Grenzgewässer ist. Bei den acht Flussstauhaltungen an der Birs sind die Stauhöhe und das Stauvolumen aus der Kraftwerkkonzession bekannt. Einzig das Kraftwerk Moos in Grellingen, mit acht Meter Stauhöhe und einem Stauvolumen von 430‘000 m3 untersteht der kantonalen Aufsicht.

Zu guter Letzt gibt es noch zwei Hochwasserrückhaltebecken (HWRB), die während eines Hochwasserereignisses die Wassermassen vor dem Siedlungsgebiet zurückhalten und so Überschwemmungen verhindern. Die Anlagen gelten daher ebenfalls als Stauanlagen und müssen von der Stauhöhe und dem Stauvolumen her gleich behandelt werden. Das Rückhaltebecken „Isigs Brüggli“ in Allschwil mit einer Dammhöhe vom zehn Meter und einem Stauvolumen von 200‘000 m3 zählt aufgrund der Stauhöhe als grosse Anlage und untersteht somit der Aufsicht des Bundes. Das Rückhaltebecken „Eimatt“ in Rümlingen mit einer Dammhöhe von neun Meter und einem Stauvolumen von 26‘000 m3 ist der kantonalen Aufsicht des Tiefbauamts unterstellt.

Gemäss Stauanlagengesetzgebung gibt es drei kleinere Anlagen und eine grössere Stauanlage im Baselbiet. Was bedeutet das? Die Stauanlage muss einerseits nach neustem Stand der Wissenschaft und Technik dimensioniert sein, ein Hochwasser sicher ableiten können und über die Möglichkeit zur kompletten Entleerung verfügen (Grundablass). Diese technischen Bedingungen sind beim Planen und Bauen einer solchen Anlage zu berücksichtigen.

Im Weiteren muss die Stauanlage im Betrieb überwacht und jährlich visuell kontrolliert werden, damit sichergestellt werden kann, dass der Zustand den technischen Anforderungen noch genügt. Dafür sind der Eigentümer und der Betreiber einer Anlage verantwortlich, das Tiefbauamt als Aufsichtsbehörde kontrolliert den ganzen Prozess.

Der Betreiber erstellt jährlich einen Bericht, in dem er die Überwachung und die Veränderungen einer Anlage festhält. Die kantonale Aufsichtsbehörde kontrolliert diese Berichte und nimmt sporadisch an den visuellen Kontrollen teil. Bei starken Abweichungen können zusätzliche Kontrollen angeordnet werden. Die kantonale Aufsichtsbehörde wiederum verfasst einen jährlichen Tätigkeitsbericht zuhanden des Bundesamts für Energie (BFE) und zeigt auf, wie der Aufsichtspflicht nachgekommen wurde und wo es zu Abweichungen gekommen ist.